Mythos Geburtsschmerz

In unserem Kulturkreis ist der Glaube verbreitet, dass eine Geburt weh tun muss. Viele Frauen, die bereits geboren haben, erleben diese Schmerzen auch real. Und dennoch ist es möglich, sein Kind frei von starken Schmerzen zur Welt zu bringen. Denn eine natürliche, entspannte Geburt muss nicht weh tun. Frauen, die sich gut vorbereiten und an sich glauben,  erleben Geburt als eine überwältigende und kraftvolle Erfahrung und gehen gestärkt und glücklich daraus hervor.

Das wollen Sie auch, aber sie zweifeln, ob es gelingt? Trotz aller Freude auf das Kind, macht Ihnen die Geburt Angst? Um diese Angst zu überwinden, müssen Sie  zunächst verstehen, wie es zum „Mythos Geburtsschmerz“ kommt. 

Angstmache ist an der Tagesordnung
„Der Schmerz ist unerträglich! Du wirst um Schmerzmittel betteln! Also bei mir war es so…“ Sobald eine Frau erzählt, dass sie schwanger ist, wird sie mit Erzählungen von negativen Geburtserlebnissen konfrontiert. Jede Geburt eine Beinahe-Katastrophe. Jede Intervention lebensrettend und in letzter Sekunde.

Auch das Bild von Geburt in den Medien macht Angst. Gerade US-amerikanische Produktionen zeigen Frauen in blauen Krankenhauskitteln, die sich vor Schmerzen winden und brüllen, während sie auf einer Bahre angeschnallt von einem gehetzten Ärzteteam in einen OP-Raum geschoben werden. Auch wenn wir wissen, dass die Erzählungen oft übertrieben sind und dass die Bilder im Fernsehen nicht real sind, prägen sich diese Szenen ein und machen uns Angst. „Es wird schon was Wahres dran sein und außerdem steht ja schon in der Bibel, dass die Frauen unter Schmerzen gebären sollen!“

Selbsterfüllende Prophezeiungen
„Das schaffe ich nie!“ Die Psychologie kennt selbsterfüllende Prophezeiungen als eine sehr starke Kraft, die unser Handeln und unser Empfinden bestimmt. Geht eine Frau mit negativen Erwartungen in die Geburt, wird sie alles Negative doppelt so stark wahrnehmen und als Bestätigung erleben. Wer im Teufelskreis der selbsterfüllenden Prophezeiung bleibt, wird mit großer Wahrscheinlichkeit tatsächlich scheitern. Es gilt also, die eigenen Überzeugungen zu hinterfragen. Glaube ich an meine Stärke? Oder glaube ich, dass eine gute Vorbereitung ohenhin nicht hilft? Halte ich mich für wehleidig? Oder glaube ich daran, dass ich zäh bin und auch große Anstrengungen gut bewältigen kann? Glaube ich daran, dass eine Geburt ein schönes Erlebnis sein kann? Oder bin ich überzeugt, dass man da einfach durch muss und hinterher ohnehin alle Schmerzen vergessen sind?

Erlernte Hilflosigkeit
„Lass das sein, du machst ja doch alles kaputt!“ Kinder, die mit derartigen Botschaften aufwachsen, verlernen an die eigenen Fähigkeiten zu glauben. Sie lassen das zerbrechliche Glas tatsächlich fallen und trinken in Zukunft aus Plastikbechern. Die Psychologie nennt das „erlernte Hilflosigkeit“. Im Bezug auf die Geburt ist die erlernte Hilflosigkeit leider sehr weit verbreitet.

Jedes Mädchen, jede Frau erhält in ihrem Leben zahlreiche Hinweise darauf, dass eine Geburt aus eigener Kraft einfach nicht zu bewältigen sei. Am besten solle man sich mit (männlichen) Ärzten umgeben, die mit Schmerzmitteln, Zangen, Saugglocken oder dem Skalpell bereit stehen um die Frau von ihrem Baby zu „entbinden“. Diese Vorstellung steckt so tief, dass sie beinahe nicht mehr hinterfragt wird. Es ist meist keine Entscheidung nötig, ob man zur Geburt des Babies ins Krankenhaus geht – es IST einfach so. Sobald man im Krankenhaus ist, kommt die erlernte Hilflosigkeit zum Tragen. Entscheidungen werden der Frau vom Klinikpersonal abgenommen, Wehentröpfe angehängt, Kaiserschnitte nahegelegt. So etwas tut weh – seelisch und natürlich auch körperlich. Und da haben wir wieder die Bestätigung, dass eine Geburt eben weh tun muss…

 „Aber es steht doch schon in der Bibel…“
„Unter Schmerzen sollst du gebären!“ Diesen Fluch gab Gott Eva bei der Vertreibung aus dem Paradies angeblich mit auf den Weg. Wieso angeblich? Weil in originalen Bibeltexten davon nichts zu lesen ist. Wie viele andere frauenfeindliche Bibelstellen wurde auch diese mit der zunehmenden Entmachtung und Verfolgung von klugen und mächtigen Frauen im Mittelalter hinzugefügt. In einer Zeit in der Hebammen und Heilerinnen als Hexen verfolgt wurden, wurde aus dem Fest der Geburt ein potentiell lebensbedrohliches Ereignis. Frauen mit schwierigen Geburtsverläufen wurden plötzlich alleine gelassen, Neugeborene nach langwierigen Geburten starben, da keine fachkundigen Hände sie in Empfang nehmen konnte. Diese Erfahrungen prägen Frauen bis heute, auch wenn eine natürliche Geburt zur heutigen Zeit in unserem Kulturkreis so sicher ist wie nie in der Geschichte.

Verkrampfung
Machen sie den Selbstversuch – tauchen sie ihren Arm bis über die Armbeuge in eine Schüssel mit eiskaltem Wasser. Verziehen sie dabei ihr Gesicht und beißen sie die Zähne aufeinander, spannen Sie Rücken- und Armmuskeln stark an. Was passiert? Empfinden Sie die plötzliche Kälte als angenehm oder unangenehm?

Machen Sie dieselbe Übung nach einiger Zeit noch einmal, tauchen sie Ihren Arm in kaltes Wasser. Achten Sie nun aber darauf, dass ihr Gesicht entspannt bleibt und das Kiefer locker. Entspannen Sie Rücken und Arme. Was passiert nun? Erleben Sie die Kälte genauso unangenehm wie zuvor? Oder wirkt sie plötzlich gar nicht so schlimm? Erfahren Sie vielleicht etwas, dass sie zuvor nicht erlebt haben? Einen angenehmen Schauer auf der Haut? Ein Gefühl der Überraschung?

In diesem kleinen Versuch erleben Sie, wie Verkrampfung und Entspannung auf unser Körperempfinden wirken. Ist der Körper verkrampft, empfinden wir Reize als wesentlich unangenehmer als bei Entspannung. Im Geburtsverlauf führt Angst zu Verkrampfung. Diese führt dazu, dass unser Körper nicht mehr optimal arbeiten kann. Zudem empfinden wir wesentlich mehr Schmerzen als im entspannten Zustand. Das steigert wiederum die Verkrampfung und es entsteht ein Teufelskreis.

Gemeinsam finden wir den Weg aus der Angst
Mein Ziel ist es, gemeinsam mit Ihnen daran zu arbeiten, Ängste aufzulösen und aktive Entspannung zu lernen. Ich gehe dabei sehr individuell auf ihre Themen und Bedürfnisse ein. Jeder Mensch bringt andere Erfahrungen und Erwartungen mit, die sich während der Geburt hemmend oder fördern auswirken können. Das gilt für die gebärdende Frau genauso wie für die Menschen, die sie dabei begleiten und unterstützen. Gemeinsam erarbeiten wir eine wirkungsvolle Strategie, damit Sie und Ihr Baby die Geburt so erleben können, wie es die Natur eigentlich gemeint hat – als ein wundervolles, überwältigendes und kräftigendes Erlebnis das ein festes Band zwischen Ihnen und Ihrem Baby knüpft. Als Willkommensfest für ihr neues kleines Familienmitglied. Als wunderbaren ersten Eindruck, die Sie ihrem Kind von dieser Welt schenken können.